U-Haft - Ein Leitfaden für Angehörige

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Stefan Böhme, Frankfurt (Oder)

Bei der Inhaftierung von Ehemännern, Freunden oder Bekannten wird zumeist nur deren belastende Situation beleuchtet. Die Situation der Angehörigen eines Inhaftierten interessiert nur am Rande. Doch gerade hier kann man von einem Informationsdefizit ausgehen, denn der Inhaftierte wird - so er nicht schon "knasterfahren" ist - über den üblichen "Buschfunk" im Knast mit mehr oder weniger hilfreichen Informationen versorgt. Dieser Beitrag soll den Angehörigen von Inhaftierten einen Eindruck vom Leben im Knast vermitteln und einige Informationslücken schließen helfen:

1. Kontaktaufnahme mit dem Inhaftierten / Besuchserlaubnis

Als erste Maßnahme sollte man sich einen sogenannten Besuchersprechschein erteilen lassen. Dieser wird in aller Regel von der Staatsanwaltschaft erteilt. Sollte bereits Anklage erhoben sein, ist das jeweilige Gericht hierfür zuständig. Um einen "Sprecher" zu bekommen, ist es hilfreich, dass Aktenzeichen zu kennen. Auf dem roten Haftbefehl, der dem Beschuldigten bei der Haftbefehlsverkündung auszuhändigen ist, steht links oben ein Aktenzeichen mit dem "Gs" - Aktenzeichen. Dieses ist das Aktenzeichen des Amtsgerichtes. Das zumeist darunterstehende "Js" - Aktenzeichen ist das Aktenzeichen unter welchem die Staatsanwaltschaft das Verfahren bearbeitet. Am besten man vermerkt auf dem ansonsten formlosen Antrag bzgl eines Sprechscheins beide Aktenzeichen. Es wird empfohlen, dem Antrag eine Kopie des eigenen Personalausweises beizufügen. Wenn absehbar ist, dass die U-Haft länger andauert sollte man einen Dauersprechschein beantragen, da man dann nicht bei jedem Besuch einen neuen Sprechschein einholen muss. Hat man den "Sprecher" erwirkt, kann man sich bei der jeweiligen JVA einen Termin geben lassen. Ansprechpartner ist der Besucherdienst. Besuch ist nur an den Besuchstagen möglich. Man hat dann Anspruch auf einen überwachten Besuch. Der Gefangene darf in der Regel alle zwei Wochen einmal Besuch empfangen. Zusätzliche Besuche können zugelassen werden, wenn es zur Erledigung unaufschiebbarer Angelegenheiten unumgänglich ist, die nicht vom Gefangenen schriftlich erledigt oder durch Dritte wahrgenommen werden können. Außerhalb der vom Anstaltsleiter festgelegten Besuchstage und -zeiten können Besuche nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen stattfinden. In der Regel berechtigt der "Sprecher" zum Besuch des Inhaftierten für die Dauer von 30 Minuten, wenn der Richter oder der Staatsanwalt keine längere Besuchserlaubnis bestimmt. Nur in Ausnahmefällen (auf Antrag) werden mehrere Personen gleichzeitig zum Besuch zugelassen. Auch in diesen Ausnahmefällen ist die Besucherzahl auf maximal 3 limitiert. Minderjährige, die noch nicht 14 Jahre alt sind, können in Begleitung Erwachsener zum Besuch zugelassen werden. Gegen die Ablehnung eines Besuchsantrages kann sowohl der Inhaftierte als auch die Person, die ihn besuchen will, gem. § 304 StPO Beschwerde einlegen. Diese ist gem. § 306 StPO an das Gericht zu richten, das den Besuch abgelehnt hat. Der Besuch wird gem. Nr. 27 UVollzO überwacht. Überwachter Besuch bedeutet, dass zumindest ein Beamter der JVA in der Nähe ist. Der Gefangene darf ohne Erlaubnis weder etwas von dem Besucher annehmen noch diesem etwas übergeben. Besucher können körperlich durchsucht werden. Es ist ebenfalls nicht ratsam über die vorgeworfene Tat zu sprechen. Fragen sollte man jedoch, ob der Inhaftierte bereits einen Strafverteidiger beauftragt hat. Falls nicht sollte dies umgehend nachgeholt werden! Informationen, weshalb der jeweilige Angehörige inhaftiert wurde, können am besten, schnellsten und sichersten über seinen Verteidiger abgefragt werden.

2. Briefverkehr mit dem Inhaftierten

Zunächst sollte man sich vergegenwärtigen, dass der Briefverkehr mit einem U-Häftling überwacht wird (gem. Nr. 20 (1) UvollzO). Entweder dem Staatsanwalt oder dem Richter obliegt die Postkontrolle. Überflüssig zu erwähnen, dass keine Zeile über die vorgeworfene Straftat oder damit zusammenhängende Dinge geschrieben werden sollte. Nicht nur, dass man den Tatverdacht erhärten könnte, es besteht auch noch die Gefahr, dass dem Inhaftierten zusätzlich der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr vorgehalten werden könnte. Man sollte sich auch auf längere Postlaufzeiten einstellen. Ein Brief ist oft wochenlang unterwegs. Die Portokosten hat der Inhaftierte zu tragen. Insofern ist es ratsam, ihm Briefmarken zu schicken.

3. Telefonate

Nur in Ausnahmefällen wird dem U-Häftling eine Telefonerlaubnis erteilt. Dies ist unter umständen bei nahen Verwandten mit weit entferntem Wohnort ausnahmsweise möglich. Derartige Anträge werden in der Regel mit dem Hinweis darauf, dass "Telefongespräche grundsätzlich mit der Ordnung in der JVA unvereinbar" seien, abgelehnt. Weitere "Argumente" sind technischer Natur, da die "technischen und personellen Voraussetzungen in der JVA zur Durchführung und Überwachung von Telefongesprächen" nicht vorlägen. Insofern werden die Inhaftierten auf den Briefverkehr verwiesen.

4. Paketempfang

Gem. Nr. 39 I 1 UVollzO kann der Gefangene jährlich mindestens drei Pakete empfangen. Nach Eingang der Pakete werden diese kontrolliert. Nur die zulässigen Gegenstände werden dem Gefangenen ausgehändigt, alle Gegenstände die der Gefangene nicht in der Haft besitzen darf, werden zur persönlichen Habe des Inhaftierten genommen und diesem bei Entlassung ausgehändigt. Unzulässige Gegenstände sind etwa:

5. Kleidung / Wäsche

6. Geldverkehr

7. Persönliche Gegenstände

8. Wohnung / Arbeit usw.

9. Sonstiges

(wird fortgesetzt)